Südwesthafen (Kleiner Grasbrook)

Vom Afrikahöft bis zur Indiastraße

Koloniale Namen im Hamburger Hafen

Erstellt am 16.12.2020, zuletzt geändert am 14.01.2021 | hamburg postkolonial

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Anke Schwarzer

Das Deutsche Reich hatte von 1884 bis 1919 Kolonien. Die Gebiete in Afrika, Asien und Ozeanien wurden “Schutzgebiete” und “Pachtgebiete” genannt. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland seine Kolonien an die Siegermächte, darunter Großbritannien, Frankreich und Japan, abtreten. Im Hamburger Hafen wurden in den 1920ern mehrere Straßen und Kais nach den ehemaligen Kolonien benannt, etwa der Südwesthafen, der von einem Kamerun-, einem Windhuk- sowie einem Togokai gesäumt wird – ein Verweis auf die kolonialrevisionistischen Bestrebungen der Zeit. Politiker:innen und Kolonialvereine warben für eine Rückgabe der alten Kolonien an das Deutsche Reich oder setzen sich mit Denkmälern, Reklameschildern, Sammelbildchen und Straßennamen für die “koloniale Frage” ein.

Koloniale Bestrebungen und Diskurse nach dem Verlust der deutschen Kolonien wurden keineswegs ad acta gelegt. Die Nachfolgeinstitution des Reichskolonialamtes unterstützte propagandistisch tätige Kolonialverbände mit finanziellen Mitteln sowie Kolonialunternehmen mit Wiederaufbaudarlehen. Darüber hinaus wurde der Kolonialgedanke mittels Erlasse auch an Schulen und im Heer wachgehalten. Und die Kolonialismus-Literatur erreicht erst in der nachkolonialen bzw. in der nationalsozialistischen Zeit bis 1939 ihren Höhepunkt.1 Viele koloniale Straßennamen und Denkmäler sind in der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus entstanden.

Im Hafengebiet finden sich zahlreiche Straßen und Hafenanlagen, die während und nach der Zeit des reichsdeutschen Kolonialismus nach ehemaligen Kolonien, nach Ländern und Kontinenten benannt wurden, in denen Hamburger Kaufleute Geschäfte machten: Dort, in der Nähe des Südwesthafens, befindet sich beispielsweise der Kamerunweg (seit 1922), der Kamerunkai (seit 1951), Am Kamerunkai (seit 1958) und Togokai (seit 1922) oder die Afrikastraße (seit 1927 bzw. 1997), die Australienstraße (seit 1927) und der Asiakai (seit 1888).

Eine Reihe der Namen schlug der damalige Hamburger Bürgermeister Johannes Versmann 1887 für neue Hafenanlagen vor, um an die „überseeischen Handelsbeziehungen“ der Hansestadt zu erinnern: Afrikakai, Indiakai, Amerikahafen und Panamakai. 1893 wurden das Afrikahöft benannt und es entstanden die Bezeichnungen Indiaquai, Afrikaquai und Australiaquai rund um den Indiahafen sowie der O´Swaldquai2, der Amerikaquai und der Asiaquai.

Die späteren Kaistrecken Afrikakai, Australiakai, Indiakai und Windhukkai existieren heute durch die Zuschüttung der Hafenbecken nicht mehr. Diese Kainamen wurden im Oktober 1997 gelöscht. Allerdings hat die Stadt im gleichen Jahr einige Straßen in Anlehnung der ehemaligen Kaistraßen benannt: Am Windukkai und die Indiastraße.

1 Gründer, Horst (2000): Geschichte der deutschen Kolonien, 4. Auflage, Paderborn, S. 217-218

2 Benannt nach William Henry O’Swald (1832–1923), Hamburger Kolonialkaufmann, Merchant Banker, Senator und Bürgermeister. Weitere Informationen in: Behörde für Schule und Berufsbildung (2015): Koloniale Straßennamen – Kolonialakteure , S.51-55

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Vom Afrikahöft bis zur Indiastraße

Koloniale Namen im Hamburger Hafen
Karte: hamburg postkolonial
Autor_in Anke Schwarzer
Zuletzt bearbeitet: 14.01.2021
Quelle u.a. Staatsarchiv Hamburg, 16.09.2015
Global Link (Geografischer Bezug): Kamerun, Togo, Indien, Namibia (Global Links Karte zeigen)
Adresse: Südwesthafen, Kamerunkai 214, Kleiner Grasbrook, 20457 
Koordinaten (Lat/Lon) 53.53370/9.989310

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